BIO, Bioland, Demeter – was bedeuten eigentlich die verschiedenen Labels? Seit Anfang der 90er Jahre war unser Betrieb bereits BIO zertifiziert. Aber warum der Umstieg auf Demeter, und was hat sich dadurch geändert?
Es geht dabei nicht darum zu beurteilen, welches das beste oder strengste Label ist. Vielmehr soll jeder Betrieb die für ihn passende Form der Landwirtschaft finden. Landwirtschaft ist so individuell und unterschiedlich wie die Menschen und die Natur selbst. Deshalb schreibe ich hier nur über unseren Betrieb und unsere Beweggründe.
Magdalena und ich hatten immer das Gefühl, dass es noch mehr oder etwas anderes geben muss als die BIO-Landwirtschaft. Etwas fehlte, aber wir wussten nicht genau, was es war. Dann stieß ich im Internet auf Martin Ott, einen Demeter-Bauern aus der Schweiz.
Martin leitet das Gut Rheinau im Kanton Zürich und ist Gründer der ersten biodynamischen Schule in der Schweiz. Seine Art, über Kühe zu sprechen und seine Ansichten zur Landwirtschaft faszinierten mich. Ich wusste, diesen Mann muss ich kennenlernen. Die erste Kontaktaufnahme mit Martin war, wie bei Schweizern üblich, eher kurz und knapp.
Meine Faszination und mein Drang ließen mich nicht locker, und schließlich lud mich Martin in die Schweiz ein: „Komm im Februar in die Schweiz, ich habe da einen 4-Tages-Crashkurs.“ Also fuhr ich in die Schweiz, ohne wirklich zu wissen, was mich erwartete. Eines spürte ich allerdings ganz stark – es fühlte sich richtig an!
Am zweiten „Schultag“ merkte ich dann: Ich sitze im Demeter-Grundkurs. Jetzt waren wir angekommen – Demeter, die biodynamische Landwirtschaft, war genau das, was wir gesucht hatten.
Die Prinzipien von Demeter:
- Ganzheitlicher Ansatz: Demeter folgt einem ganzheitlichen Ansatz, bei dem der Hof als ein lebendiger Organismus betrachtet wird. Pflanzen, Tiere und Menschen bilden eine Einheit, die miteinander in Balance steht.
- Biodynamische Präparate: Diese speziellen Präparate werden zur Förderung des Bodenlebens und der Pflanzengesundheit verwendet. Sie bestehen aus natürlichen Substanzen wie Mist, Mineralien und Heilpflanzen.
- Kreislaufwirtschaft: Nur so viele Tiere am Hof halten, wie auch vom eigenen Grundfutter, gefüttert werden können. Somit wird eine Überdüngung der Flächen verhindert.
- Tierhaltung: Tiere spielen eine zentrale Rolle im biodynamischen Betrieb. Ihre Haltung erfolgt wesensgerecht und im Einklang mit ihren natürlichen Bedürfnissen. Die Tiere liefern nicht nur Milch, Fleisch oder Eier, sondern auch wertvollen Dünger.
- Selbstversorgung des Hofes: Der Betrieb soll weitgehend unabhängig von externen Zukäufen sein. Futtermittel werden selbst angebaut und Dünger aus den hofeigenen Ressourcen hergestellt.
- Schonender Umgang mit Ressourcen: Der Einsatz von synthetischen Düngemitteln und Pestiziden ist verboten. Stattdessen wird auf natürliche Methoden gesetzt, um die Bodenfruchtbarkeit und Pflanzengesundheit zu fördern.
- Förderung der Biodiversität: Durch den Verzicht auf Monokulturen und den Anbau verschiedener Pflanzenarten wird die Artenvielfalt gefördert. Dies trägt zur Stabilität des Ökosystems bei.
- Qualität statt Quantität: Im Fokus steht die Herstellung qualitativ hochwertiger Lebensmittel, die im Einklang mit den natürlichen Rhythmen und Prozessen produziert werden.
- Soziale Verantwortung: Demeter-Betriebe legen Wert auf faire Arbeitsbedingungen und die Förderung der sozialen Gemeinschaft auf dem Hof.
- Spirituelle Dimension: Die biodynamische Landwirtschaft basiert auf den anthroposophischen Lehren von Rudolf Steiner. Dies umfasst auch eine spirituelle Verbundenheit mit der Natur und den kosmischen Rhythmen.
Diese Prinzipien machen Demeter zu einer besonders nachhaltigen und umweltfreundlichen Form der Landwirtschaft, die sowohl die Qualität der Lebensmittel als auch das Wohl von Mensch, Tier und Umwelt in den Mittelpunkt stellt.
Genau diese Werte motivieren uns Tag für Tag, die Landwirtschaft zu erhalten. Wir versuchen die Balance zu finden und zu halten zwischen den drei großen Säulen –
Mensch – Tier – Boden
Für uns persönlich liegt der große Unterschied zwischen BIO und Demeter in der Denkweise. Biodynamisch zu arbeiten bedeutet, an das „Große Ganze“ zu denken. Als Landwirt ist es unsere Aufgabe, uns um den Regenwurm und die Biene genauso zu kümmern wie um die Milchleistung oder tägliche Gewichtszunahmen. Es ist unsere Pflicht, den Boden zu erhalten und zu verbessern. Das erfordert manchmal Entscheidungen, die nicht heute oder morgen Gewinn bringen, sondern vielleicht erst in zehn Jahren oder für die nächste Generation Früchte tragen.
In der biodynamischen Landwirtschaft spielt der Mensch eine zentrale Rolle. Nur wer einen freien Geist hat, ist offen für Weiterentwicklung. Es nützt nichts, wenn es allen Tieren gut geht, die Bauernfamilie jedoch ihr eigenes Leben vernachlässigt. Landwirtschaft darf eine Partnerschaft zwischen Tier und Mensch sein.
Der größte Unterschied in der Tierhaltung zwischen BIO und Demeter ist der Unterschied zwischen Artgerecht und Wesensgerecht. Großzügige Liegeflächen, bestes Futter, Auslauf und schöne Ställe sind Dinge, die in der BIO-Landwirtschaft wirklich perfekt umgesetzt und kontrolliert werden (großes Lob an alle Kontrollstellen). Aber was ist mit den Dingen, die man nicht „messen oder kontrollieren“ kann? Wo sind die Hörner, die Kuh-Kalb-Beziehungen? Auch Tiere haben ein Sozialverhalten. All diese Aspekte finden in der Demeter-Landwirtschaft Platz.
Was hat sich nun am Knollnhof geändert. Eigentlich nicht viel, oder doch?
- 3 Pferde sind dazugekommen
- 700m2 Blühstreifen für die Insekten- und Bienenwelt.
- Muttergebundene Kälberaufzucht durch Ammenkühe.
- Laufstallkonzept im WG Style , d.H wir haben keine „Gruppenabtrennungen“ im Stall. Vielmehr sind die Rinder in zwei große Bereiche aufgeteilt, jedes Rind sucht sich seinen Platz und sozialen Anschluss selber.
- Wir haben unseren kompletten Beton beim Neubau mit „Pneumatit“ bearbeitet. Ein biodynamisches Präparat aus der Schweiz. „Belebter Beton“ (wissenschaftlich belegt) – aber dazu mehr in einem eigen Beitrag.